24
Kapelle vorüberging, sah er ein großes Loch und darin eine Tür,
die weit offen stand und die er sein Lebtag noch nicht gesehen hatte.
Da faßte er sich ein Herz und trat heran. Und als er endlich
durch die Tür in das Innere schaute, erblickte er um einen steinernen
Tisch eine Gesellschaft alter, langbärtiger Mönche, die sich die
Langeweile mit Kartenspiel vertrieben. Da ist er erschrocken
umgekehrt und ist niemals wieder zur Mittagszeit mit seiner Herde
über den Berg gegangen. Aber im Dorfe unten hat er es erzählt,
und seitdem steht es noch fester, daß es da droben zwischen dem
Gestein gar sonderbar umgeht.
A. Trinius (Märkische Streifzüge).
25. Die Gründung Potsdams.
Zu der Zeit, als der mächtige Wilzan, der in der festen Burg
zu Dragowit wohnte, über die W i l z e n an der Spree und
Havel herrschte, bedeckte den ganzen Potsdamer Werder ein
uralter Eichenwald, durch den sich von der Gegend des Heiligen
Sees bis zur Havel am Lustgarten und von Glienicke her bis nach
der Stadt Werder ein tiefes, unzugängliches Bruch zog. Über
dieses strömte im Frühling das Wasser der Havel und teilte den
ganzen Werder in drei langgestreckte Inseln. Am meisten be-
wohnt war die nördlichste von ihnen; denn in der Gegend von
Bornim und Eiche und am Pfingstberge lagen zerstreute Ge-
höfte, die zum Distrikt der Wublitz gehörten. Über sie herrschte
auch der Krul oder Unterkönig der Haveller.
Die kleine Insel an der Havel war nur wenig breiter als
der Teil der Stadt, der jetzt wieder durch den Kanal zu einer
Insel gemacht wird, und nur ihr östliches Ende, der Mündung der
Nudow gegenüber, war mit einzelnen Fischerhütten besetzt. Ihre
Bewohner befuhren zwar weit und breit die Seen und Arme
der Havel, die damals noch reich an Stören, Lachsen und Welsen
waren, drangen aber selten durch die Sümpfe und Wälder, von
denen ihr Wohnplatz im Norden umschlossen war.
Wo jetzt die Kirche des Dorfes Alt-Geltow steht, war eine
feste Burg des Krul der Haveller erbaut. Hier pflegte dieser
einen Teil des Jahres zu wohnen, um von hier aus in den großen
Wäldern am Schwielowsee, die reich an Uren, Bären und Wölfen
waren, zu jagen, oder den wilden Schwan mit dem gelben Schnabel,
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne]]
50
eine Wildnis gekommen, die der Fürst noch nicht kannte. Darauf
rechnete Wnßo; denn der Böse gab es ihm ein, den Markgrafen
in die Einsamkeit zu locken, fernab von den Seinen, und da ihn
zu töten, wo keiner es sah und keiner die Spur finden konnte.
2. Damals war die Gegend ganz anders als sie jetzt ist.
Wo jetzt die Fichten lustig und schlank ins Blaue schießen, war
ein Dickicht von Eichen und Rüstern und Buchen, die ineinander
wuchsen und Krieg führten um Boden und Luft. Da lagen um-
geworfene Stämme faulend einer über dem andern, und Ge-
würm, Kröten und Schlangen wimmelten am Boden, auf den nie
ein Lichtstrahl fiel. Wo der Wald aufhörte, war die Heide mit
stachlichten Ginster- und Wacholderbüschen besetzt, und wo die
Heide aufhörte, war das Bruchland. Verwachsene Elsen und
wilde Schlingpflanzen standen dort so dicht, daß kein Lüftchen
durchdrang, und in dem warmen, feuchten Dunste nisteten
Schwärme giftiger Stechfliegen. Wer sich verirrte und nicht
untersank, blieb stecken in den Dornen und kam jämmerlich um
vor Hunger und Qual unter den Stichen des Geschmeißes. Das
Wasser, wo es zutage lag, spiegelte nicht die Sonne und die
Sterne und den blauen Himmel. Da trieben umgefallene Bäume
umher, mit dickem Moos und Pflanzen überzogen. Inseln
schwammen, und ein buntes, schillerndes Netz von faulenden
Stoffen schien darüber ausgebreitet. Die wilden Katzen kletterten
in den verwachsenen Baumkronen und führten Krieg mit den
Habichten, den Raben und Krähen. Der Bär schlich noch brum-
mend in den Schatten um, ein Schrecken der andern Tiere, und
die Waldameise baute ihre hohen Kegelhäuser, das einzige geord-
nete Gemeinwesen weit und breit.
3. „Wird Euch in der Wüstenei nicht bang, Herr Mark-
graf?" fragte Wnßo, da sie nun auf der Spur eines großen Elen-
hirsches von ihrem Gefolge ganz abgekommen waren. Die Stöße
ins Hifthorn riefen keinen; die Luft war schwül, und Gewitter-
wolken zogen am Himmel auf.
„Wie sollte mir bange werden?" antwortete Otto, „Sankt
Johannes ist bei mir in den Wüsteneien, der mein Schutzpatron
ist und auch deiner, Wnßo."
Nun dachte Wußo heimlich: „Ob dir der Sankt Johannes
jetzt den Weg zeigen wird?" und blieb tückisch zurück. Ihre Rosse,
die durch das Moor nicht weiter konnten, hatten sie verlassen
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden]]
TM Hauptwörter (200): [T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Extrahierte Personennamen: Wnßo Otto Johannes Wußo
L
10
5
10
15
20
25
30
352
1. Auf das Grab von Schillers Mutter.
Cleversulzbach, im Mai 1835.
Kunstwart-Ausgabe, München (Callwey), 1906, I, S. 76.
Nach der Seite des Dorfs, wo jener alternde Zaun dort
Ländliche Gräber umschließt, wall' ich in Einsamkeit oft.
Sieh den gesunkenen Hügel! Es kennen die ältesten Greise
Kaum ihn noch, und es ahnt niemand ein Heiligtum hier.
Jegliche Zierde gebricht und jedes deutende Zeichen;
Dürftig breitet ein Baum schützende Arme umher.
Wilde Rose, dich find' ich allein statt anderer Blumen;
Ja, beschäme sie nur, brich als ein Wunder hervor;
Tausendblättrig eröffne dein Herz, entzünde dich herrlich
Am begeisternden Duft, den aus der Tiefe du ziehst! '
Eines Unsterblichen Mutter liegt hier bestattet; es richten
Deutschlands Männer und Fraun eben den Marmor ihm auf.
2. Die schöne Buche.
(1842.)
A. a. O., I, S. 74.
Ganz verborgen im Wald kenn' ich ein Plätzchen, da stehet
Eine Buche, man sieht schöner im Bilde sie nicht.
Rein und glatt, in gediegenem Wuchs erhebt sie sich einzeln,
Keiner der Nachbarn rührt ihr an den seidenen Schmuck.
Rings, soweit sein Gezweig der stattliche Baum ausbreitet,
Grünet der Rasen, das Aug' still zu erquicken, umher;
Gleich nach allen Seiten umzirkt er den Stamm in der Mitte;
Kunstlos schuf die Natur selber dies liebliche Rund.
Zartes Gebüsch umkränzet es erst; hochstämmige Bäume,
Folgend in dichtem Gedräng', wehren dem himmlischen Blau.
Neben der dunkleren Fülle des Eichbaums wieget die Birke
Ihr jungfräuliches Haupt schüchtern im goldenen Licht.
Nur wo, verdeckt vom Felsen, der Fußsteig jäh sich hinabschlingt,
Lässet die Hellung mich ahnen das offene Feld.
Als ich unlängst einsam, von neuen Gestalten des Sommers
Ab dem Pfade gelockt, dort im Gebüsch mich verlor,
Führt' ein freundlicher Geist, des Hains austauschende Gottheit,
Hier mich zum erstenmal plötzlich, den Staunenden, ein.
Welch Entzücken! Es war um die hohe Stunde des Mittags,
Lautlos alles, es schwieg selber der Vogel im Laub.
Und ich zauderte noch auf den zierlichen Teppich zu treten;
Festlich empfing er den Fuß, leise beschritt ich ihn nur.
Jetzo gelehnt an den Stamm (er trägt sein breites Gewölbe
Nicht zu hoch), ließ ich rundum die Augen ergehn,
Wo den beschatteten Kreis die feurig strahlende Sonne,
Fast gleich messend umher, säumte mit blendendem Rand.
Aber ich stand und rührte mich nicht; dämonischer Stille,
Unergründlicher Ruh' lauschte mein innerer Sinn.
Eingeschlossen mit dir in diesem sonnigen Zauber-
Gürtel, o Einsamkeit, fühlt' ich und dachte nur dich!
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
378
Lieblichen Golf hindeutet und gegen Salerns Meerbusen.
Aber die andere Stelle (sie nennen den kleineren Strand sie)
Kehrt sich gegen das ödere Meer, in die wogende Wildnis,
Wo kein Ufer du siehst als das, auf welchem du selbst stehst.
10 Nur ein geringeres Boot mag hier anlanden, es liegen
Felsige Trümmer umher, und es braust die beständige Brandung.
Auf dem erhöhteren Fels erscheint ein zerfallenes Vorwerk,
Mit Schießscharten versehn; sei's, daß hier immer ein Wachtturm
Ragte, den offenen Strand vor Algiers Flagge zu hüten,
15 Die von dem Eiland oft Jungfrauen und Jünglinge wegstahl;
Sei's, daß gegen den Stolz Englands und erfahrene Seekunst
Erst in der jüngeren Zeit es erbaut der Napoleonide '),
Dem Parthenope^) sonst ausspannte die Pferde des Wagens,
Ihn dann aber verjagte, verriet, ja tötete, seit er
20 Ans treulose Gestad' durch schmeichelnde Briefe gelockt ward.
Steigst du herab in den sandigen Kies, so gewahrst du ein Felsstück
Niedrig und platt in die Wogen hinaus Trotz bieten der Brandung.
Dort anlehnt sich mit rundlichem Dach die bescheidene Wohnung
Dürftiger Fischer; es ist die entlegenste Hütte der Insel,
25 Bloß durch riesige Steine beschützt vor stürmischem Andrang,
Der oft über den Sand wegspült und die Schwelle benetzt ihr.
Kaum hegt irgend umher einfachere Menschen die Erde;
Ja, kaum hegt sie sie noch, es ernährt sie die schäumende Woge.
Nicht die Gefilde der Insel bewohnt dies arme Geschlecht, nie
30 Pflückt es des Ölbaums Frucht, nie schlummert es unter dem Palmbaum.
Nur die verwilderte Myrte noch blüht und der wuchernde Kaktus
Aus unwirtlichem Stein, nur wenige Blumen und Meergras;
Eher verwandt ist hier dem gewaltigen Schaumelemente
Als der beackerten Scholle der Mensch und dem üppigen Saatfeld.
35 Gleiches Geschäft erbt stets von dem heutigen Tage der nächste,
Immer das Netz auswerfen, es einziehn, wieder es trocknen
Über dem sonnigen Kies, dann wieder es werfen und einziehn.
Hier hat frühe der Knabe versucht in der Welle zu plätschern,
Frühe das Steuer zu drehen gelernt und die Ruder zu schlagen,
40 Hat als Kind mutwillig gestreichelt den rollenden Delphin,
Der, durch Töne gelockt, an die Barke heran sich wälzte.
Mög' euch Segen verleihen ein Gott samt jeglichem Tagwerk,
Friedliche Menschen, so nah der Natur und dem Spiegel des Weltalls!
Möge, da größeren Wunsch euch nie die Begierde gelispelt,
45 Möge der Thunfisch oft, euch Beute zu sein. und der Schwertfisch
Hier anschwimmen! Es liebt sie der Esser im reichen Neapel.
Glückliche Fischer! Wie auch Kriegsstürme verwandelt den Erdkreis,
Freie zu Sklaven gestempelt und Reiche zu Dürftigen, ihr nur
Saht hier Spanier, saht hier Briten und Gallier herrschen,
50 Ruhig und fern dem Getöse der Welt, an den Grenzen der Menschheit
-) Murat st 1814. — 2) Neapel. (Eigentlich Name der ältesten Ansiedlung an
der Stelle des heutigen Neapels.)
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne]]
465 —
2. Er blieb zurück am Weggelände,
Das Wort auf den Lippen, er sprach's nicht zu Ende;
Ein wunderbarlich Gebühren, und doch
Scheint deins verwunderlicher noch.
3. Ganz ruhig gehst des Weges du Weiler,
Hast schnell einen andern vergnügten Begleiter,
Und fröhlich wieder zieht ihr drein
Durch Wälder und Wiesen und Sonnenschein.
4. So geht's eine Weile, das seltsame Wandern;
Dann kommt es an dick, dann hörst du die andern
Noch weiter lachen ins sonnige Land,
Und du bleibst einsam am Wegesrand.
3. Gebet.
A. a. O., S. 317.
Die Stirn des Himmels umwölkt sich finster
Mit drohendem Zornrand;
Vom Felshang lodert wie Flammen der Ginster,
Da steh' ich am Kornrand:
Noch lauschen die Ähren in hanchloser Schwüle, 5
Doch Schleier umtrüben
Das Blenden der Sonne; anatmende Kühle
Kommt leise von drüben.
Ein dumpfes Gemurre jetzt dort in den schlanken,
Hochragenden Wipfeln der Tannen, ein Schwanken, 10
Ein mächtig Umdnnkeln,
Durchzuckt von gewitterndem, zitterndem Funkeln.
Weißwallende Nebel beginnen zu jagen,
Es dröhnen vom Turme
Hilfrufende Glocken; geschleudert vom Sturme l5
Hernieder nun schlagen
Dumpffallende Tropfen, sich festend zu harteu,
Schwerwucht'gen Geschossen ■—
Beschirm' uns vor Schloßen,
Breit schützend die Hand über Kornfeld und Garten, 20
Behüte die blühende, reifende Flur,
Dein freudiges Leben,
Das du ihr gegeben,
O Mutter Natur!
Klaus Groth.
Klaus Groth, geboren am 24. April 1819 zu Heide in Dithmarschen,
wurde zuerst Lehrer in seinem Geburtsort, zog sich infolge von Krankheit
1847—1853 auf die Insel Fehmarn zurück, wo er seinen „Quickborn" schuf,
unternahm dann längere Reisen, besonders nach Bonn und Dresden, wurde in
Buschmann, Leseb. f. d. ob. Kl. Ii. 10. Anst. 30
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
505
3. Meine Gräber.
2t. a. O., S. 44.
1. Kein Erbbegräbnis mich stolz erfreut;
Meine Gräber liegen weit zerstreut,
Weit zerstreut über Stadt und Land,
Aber all in märkischem Sand.
2. Verfallene Hügel, die Schwalben ziehn,
Vorüber schlängelt sich der Rhin,
Über weiße Steine, zerbröckelt all,
Blickt der alte Ruppiner Wall.
Die Buchen stehn, die Eichen rauschen,
Die Gräberbüsche Zwiesprach' tauschen,
Und Haferselder weit auf und ab ■—
Da ist meiner Mutter Grab.
3. Und ein andrer Platz, dem verbunden ich bin
Berglehnen, die Oder fließt dran hin,
Zieht vorüber in trägem Lauf,
Gelbe Mummeln Z schwimmen darauf.
Am Ufer Werft und Schilf und Rohr,
Und am Abhange schimmern Kreuze hervor,
Auf eines fällt heller Sonnenschein —
Da hat mein Vater seinen Stein.
4. Der Dritte, seines Todes froh,
Liegt auf dem weiten Teltowplateau,
Dächer von Ziegel, Dächer von Schiefer,
Dann und wann eine Krüppelkiefer,
Ein stiller Graben die Wasserscheide,
Birken hier, und da eine Weide,
Zuletzt eine Pappel am Horizont,
Im Äbendstrahle sie sich sonnt.
Auf den Gräbern Blumen und Aschenkrügc,
Vorüber in Ferne rasseln die Züge,
Still bleibt das Grab und der Schläfer drin —
Der Wind, der Wind geht drüber hin.
4. Mittag.
A. a. O., S. 12.
1. Am Waldessäume träumt die Föhre,
Am Himmel weiße Wölkchen nur;
Es ist so still, daß ich sie höre,
Die tiefe Stille der Natur.
2. Rings Sonnenschein auf Wies' und Wegen,
Die Wipfel stumm, kein Lüftchen wach,
Und doch, es klingt, als ström' ein Regen
Leistönend auf das Blätterdach.
0 Gelbe Teichrose (Nuphar luteum); vgl. „Mummelsee".
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
536
4. Aus „Phantasus".
Berlin (Sassenbach), 1888, Heft I1).
Zwischen Gräben und grauen Hecken,
den Rockkragen hoch, die Hände in den Taschen,
schlendre ich durch den frühen Märzmorgen.
Falbes Gras, blinkende Lachen und schwarzes Brachland,
soweit ich sehn kann.
Dazwischen,
mitten in den weißen Horizont hinein,
wie erstarrt,
eine Weidenreihe.
Ich bleibe stehn.
Nirgends ein Laut. Noch nirgends Leben.
Nur die Luft und die Landschaft.
Und sonnenlos, wie den Himmel, fühl' ich mein Herz!
Plötzlich ein Klang.
Ein zarter, zitternder Jubel,
der, langsam,
immer höher steigt!
Ich suche in den Wolken.
Über mir,
schmetternd,
durch immer heller strömendes Licht,
Die erste Lerche!
Schönes, grünes, weiches Gras.
Drin liege ich
Mitten unter Butterblumen!
Über mir,
warm,
der Himmel:
ein weites, zitterndes Weiß,
das mir die Augen langsam, ganz langsam
schließt.
Wehende Luft ... ein zartes Summen.
Nun bin ich fern
von jeder Welt,
ein sanftes Rot erfüllt mich ganz,
und deutlich spüre ich,
wie die Sonne mir durchs Blut rinnt —
minutenlang. *)
*) Die Textänderungen beruhen auf schriftlichen Mitteilungen des Dichters.
174
Jacob Burckhardt.
vorhanden ist, hat der Fries seine Triglyphen und Metopen, nur
niedriger als am Außenbau.
Das Innere des Heiligtums erhielt einst sein Licht durch eine
große Dachöffnung, ohne welche die fensterlosen griechischen Tempel
durchaus dunkel gewesen wären. An den bedeutenderen Tempeln wurde
gleichsam als Einfassung und Stütze dieses offenen Daches eine innere
Säulenordnung angebracht und zwar eine doppelte, weil einfache dorische
Säulen allzu groß und dick Hütten gebildet werden müssen im Verhält-
nis zu dem so beschränkten Raum. Die Bauten der höchsten Blütezeit
scheinen meist eine untere dorische und eine obere ionische Ordnung ge-
habt zu haben, zu deutlicher Scheidung der in einander überleitenden
Kräfte. Hier dagegen ist auch die obere Ordnung dorisch und dabei
noch von etwas ungeschickter Bildung, als wäre die kleine obere Säule
unmittelbar die durchs Zwischengesims hindurchgehende Fortsetzung der
größeren unteren; überdies wirkt der breit auseinandergehende Echinus
der kleinen Säule nicht gut.
Nur in dürftigen Andeutungen haben wir das, was die Seele
dieses wunderbaren Baues ausmacht, bezeichnen können. Obwohl eines
von den besterhaltenen Denkmälern seiner Art, verlangt er doch ein
beständiges geistiges Restaurieren und Nachfühlen dessen, was fehlt,
und dessen, was nur für die aufmerksamste Pietät noch sichtbar ist.
Wie ganz anders würde er auch zum äußeren Auge sprechen, wenn
er noch mit allen Skulpturen seiner Giebel und Metopen, mit den
Dachzierden (Akroterien) von Laubwerk und Statuen, mit den Löwen-
köpfen des oberen Teils des Kranzgesimses, mit dem jetzt so fraglichen
Farbenschmnck, innen aber mit dem Bild Poseidons und den Weih-
geschenken geretteter Seefahrer geschmückt wäre! Unsere Vorstellung
vom Kunstvermögen der Griechen steigert er aber schon in seinem jetzigen
Zustande auf das höchste.
Vielleicht blickt ein scharfes Auge die einzelnen Seiten im Profil
entlang und findet, daß keine einzige mathematisch gerade Linie an dem
ganzen Bau ist. Man wird zunächst an ungeschickte Vermessung, an
die Wirkung der Erdbeben und anderes der Art denken. Allein wer
z. B. sich der rechten Ecke der Vorderseite gegenüberstellt, so daß er
das obere Kranzgesimse der Langseite verkürzt sieht, wird eine Aus-
beugung desselben von mehreren Zollen entdecken, die nur mit Ab-
sicht hervorgebracht sein kann. Und ähnliches findet sich weiter. Es
sind Äußerungen desselben Gefühls, welches die Anschwellung der Säule
verlangte und auch in scheinbar mathematischen Formen überall einen
Pulsschlag inneren Lebens zu offenbaren suchte?) *)
*) Folgt die Beschreibung der beiden anderen Tempel von Pästum.
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T115: [Tempel Stadt Rom Zeit Athen Pyramide Bau Ruine Denkmal Säule], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe]]
Die Insel Capri.
287
schiefen Ebene. Blickt man auf diesen malerischen Ort, auf diese selt-
same sonnverbrannte Felsenöde über ihm, in die grenzenlose Stille des
blauen Meers in allen Fernen, so möchte man hier den Wanderstab
in die Erde stecken und der Welt Lebewohl sagend seine Eremiten-
zelle bauen.
Hier ist es noch stiller als in Capri. Man sieht nur Menschen,
welche singend arbeiten, vor der Thüre am Webstuhl sitzen oder die
Spindel mit der gelben Seide drehen, oder im Garten graben und die
Maulbeerblätter für den Seidenwurm abpflücken, oder solche, die mit
dem Wasserkrug auf dem Kopf daherkommen. Weil die Männer
draußen sind und, da es Sommer ist, viele Jünglinge auf den Korallen-
fang nach Afrika oder Corsica gezogen sind, sieht man hier fast nur
Frauen. Es scheint, wir seien zu den Weibern von Lemnos gekommen,
welche männerlos auf ihrem Felsen sitzen, endlose Gewebe webend.
An den Tagen und Stunden, wo die Barken von Neapel heimkommen,
fand ich bisweilen über der Stiege eine Schar Mädchen sitzen, oft mehr
als dreißig, viele von seltner Schönheit. Plaudernd saßen sie um die
Felsen und spähten den nahenden Segeln entgegen, um dann an den
Strand hinabzusteigen. Ich setzte mich unter sie und blickte nicht minder
sehnsüchtig über den Golf auf das weiße Schiff, ob es mir einen Brief
in diese Einsamkeit herüberbrächte. Fast alle hatten sie einen Strauß
in der Hand oder einen Zweig Basilicum, durch die Blume zu bitten;
Antoniella aber hielt den prächtigsten Strauß vor sich von Basilicum,
Nelken, purpurroten Rosen und Myrten, mit einem bunten Band
kunstvoll in Schleifen zugebunden. Dieser Strauß wurde das Sinn-
bild unserer Freundschaft und der Schlüsfel zu dem reizendsten Weber-
hänschen in Ana-Capri, wo ich manche Stunde mit den naivsten Natur-
kindern verbracht habe.
Antoniella webte in einer Gartenkammer, ganz im Grün unter
Weinlanb und blühenden Oleandern, und sie war flink und geschickt
wie die Spinnerin Arachne; ihre älteste Schwester webte neben ihr
weißes Baumwollenband, sie aber buntgemustertes. Sie verstand nicht
auf der Maultrommel zu spielen, aber desto geübter schlug sie die
Handpauke. Ihre Brüder waren draußen auf dem Meer.
Der Fleiß dieser Mädchen, die alle mit der Weberei beschäftigt
sind, ist erstaunlich, denn schon mit Sonnenaufgang setzen sie sich an
den Webstnhl, und mit wenig Unterbrechung weben sie bis zum Sonnen-
untergang, und so das ganze Jahr hindurch. Freilich sind sie nicht
g zu jenem Lasttragen verdammt, wie ihre Schwestern in Capri; nur
wenn das Regenwasser in den Cisternen ausgeht, müssen sie die Treppe
hinuntersteigen und in Krügen das Wasser von Capri holen, wo vier
dürftige Quellen fließen. Goldnes Geschmeide und Korallenschmuck,
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden]]
TM Hauptwörter (200): [T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T160: [Insel Hafen Meer Küste Stadt Halbinsel Neapel Straße Einw. Hauptstadt], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne]]
Extrahierte Personennamen: Antoniella
Extrahierte Ortsnamen: Capri Capri Afrika Neapel Ana-Capri Capri Capri
Jur Geschichte.
. . . Das ist der Weg, es ist einer der Wege, das
dürftige und einsame Hier und Jetzt unseres ephemeren
Daseins unermeßlich zu erweitern, zu bereichern, zu
steigern. . . . Die Geschichte giebt uns das Bewußtsein
dessen, was wir sind und haben............Das in der Ge-
schichte der Zeiten und Völker, der Menschheit Erarbeitete
im Geist, dem Gedanken nach, als Continuität durch-
arbeitet und durchlebt haben, heißt Bildung.
I. G. Droysen, Grundriß der Historik.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T91: [Geschichte Krieg Zeit Zeitalter Mittelalter Revolution Reformation deutsch Jahrhundert Ende], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne]]