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1. Sagen - S. 24

1912 - Berlin : Oehmigke
24 Kapelle vorüberging, sah er ein großes Loch und darin eine Tür, die weit offen stand und die er sein Lebtag noch nicht gesehen hatte. Da faßte er sich ein Herz und trat heran. Und als er endlich durch die Tür in das Innere schaute, erblickte er um einen steinernen Tisch eine Gesellschaft alter, langbärtiger Mönche, die sich die Langeweile mit Kartenspiel vertrieben. Da ist er erschrocken umgekehrt und ist niemals wieder zur Mittagszeit mit seiner Herde über den Berg gegangen. Aber im Dorfe unten hat er es erzählt, und seitdem steht es noch fester, daß es da droben zwischen dem Gestein gar sonderbar umgeht. A. Trinius (Märkische Streifzüge). 25. Die Gründung Potsdams. Zu der Zeit, als der mächtige Wilzan, der in der festen Burg zu Dragowit wohnte, über die W i l z e n an der Spree und Havel herrschte, bedeckte den ganzen Potsdamer Werder ein uralter Eichenwald, durch den sich von der Gegend des Heiligen Sees bis zur Havel am Lustgarten und von Glienicke her bis nach der Stadt Werder ein tiefes, unzugängliches Bruch zog. Über dieses strömte im Frühling das Wasser der Havel und teilte den ganzen Werder in drei langgestreckte Inseln. Am meisten be- wohnt war die nördlichste von ihnen; denn in der Gegend von Bornim und Eiche und am Pfingstberge lagen zerstreute Ge- höfte, die zum Distrikt der Wublitz gehörten. Über sie herrschte auch der Krul oder Unterkönig der Haveller. Die kleine Insel an der Havel war nur wenig breiter als der Teil der Stadt, der jetzt wieder durch den Kanal zu einer Insel gemacht wird, und nur ihr östliches Ende, der Mündung der Nudow gegenüber, war mit einzelnen Fischerhütten besetzt. Ihre Bewohner befuhren zwar weit und breit die Seen und Arme der Havel, die damals noch reich an Stören, Lachsen und Welsen waren, drangen aber selten durch die Sümpfe und Wälder, von denen ihr Wohnplatz im Norden umschlossen war. Wo jetzt die Kirche des Dorfes Alt-Geltow steht, war eine feste Burg des Krul der Haveller erbaut. Hier pflegte dieser einen Teil des Jahres zu wohnen, um von hier aus in den großen Wäldern am Schwielowsee, die reich an Uren, Bären und Wölfen waren, zu jagen, oder den wilden Schwan mit dem gelben Schnabel,

2. Sagen - S. 50

1912 - Berlin : Oehmigke
50 eine Wildnis gekommen, die der Fürst noch nicht kannte. Darauf rechnete Wnßo; denn der Böse gab es ihm ein, den Markgrafen in die Einsamkeit zu locken, fernab von den Seinen, und da ihn zu töten, wo keiner es sah und keiner die Spur finden konnte. 2. Damals war die Gegend ganz anders als sie jetzt ist. Wo jetzt die Fichten lustig und schlank ins Blaue schießen, war ein Dickicht von Eichen und Rüstern und Buchen, die ineinander wuchsen und Krieg führten um Boden und Luft. Da lagen um- geworfene Stämme faulend einer über dem andern, und Ge- würm, Kröten und Schlangen wimmelten am Boden, auf den nie ein Lichtstrahl fiel. Wo der Wald aufhörte, war die Heide mit stachlichten Ginster- und Wacholderbüschen besetzt, und wo die Heide aufhörte, war das Bruchland. Verwachsene Elsen und wilde Schlingpflanzen standen dort so dicht, daß kein Lüftchen durchdrang, und in dem warmen, feuchten Dunste nisteten Schwärme giftiger Stechfliegen. Wer sich verirrte und nicht untersank, blieb stecken in den Dornen und kam jämmerlich um vor Hunger und Qual unter den Stichen des Geschmeißes. Das Wasser, wo es zutage lag, spiegelte nicht die Sonne und die Sterne und den blauen Himmel. Da trieben umgefallene Bäume umher, mit dickem Moos und Pflanzen überzogen. Inseln schwammen, und ein buntes, schillerndes Netz von faulenden Stoffen schien darüber ausgebreitet. Die wilden Katzen kletterten in den verwachsenen Baumkronen und führten Krieg mit den Habichten, den Raben und Krähen. Der Bär schlich noch brum- mend in den Schatten um, ein Schrecken der andern Tiere, und die Waldameise baute ihre hohen Kegelhäuser, das einzige geord- nete Gemeinwesen weit und breit. 3. „Wird Euch in der Wüstenei nicht bang, Herr Mark- graf?" fragte Wnßo, da sie nun auf der Spur eines großen Elen- hirsches von ihrem Gefolge ganz abgekommen waren. Die Stöße ins Hifthorn riefen keinen; die Luft war schwül, und Gewitter- wolken zogen am Himmel auf. „Wie sollte mir bange werden?" antwortete Otto, „Sankt Johannes ist bei mir in den Wüsteneien, der mein Schutzpatron ist und auch deiner, Wnßo." Nun dachte Wußo heimlich: „Ob dir der Sankt Johannes jetzt den Weg zeigen wird?" und blieb tückisch zurück. Ihre Rosse, die durch das Moor nicht weiter konnten, hatten sie verlassen

3. Deutsche Dichtung in der Neuzeit - S. 352

1916 - Trier : Lintz
L 10 5 10 15 20 25 30 352 1. Auf das Grab von Schillers Mutter. Cleversulzbach, im Mai 1835. Kunstwart-Ausgabe, München (Callwey), 1906, I, S. 76. Nach der Seite des Dorfs, wo jener alternde Zaun dort Ländliche Gräber umschließt, wall' ich in Einsamkeit oft. Sieh den gesunkenen Hügel! Es kennen die ältesten Greise Kaum ihn noch, und es ahnt niemand ein Heiligtum hier. Jegliche Zierde gebricht und jedes deutende Zeichen; Dürftig breitet ein Baum schützende Arme umher. Wilde Rose, dich find' ich allein statt anderer Blumen; Ja, beschäme sie nur, brich als ein Wunder hervor; Tausendblättrig eröffne dein Herz, entzünde dich herrlich Am begeisternden Duft, den aus der Tiefe du ziehst! ' Eines Unsterblichen Mutter liegt hier bestattet; es richten Deutschlands Männer und Fraun eben den Marmor ihm auf. 2. Die schöne Buche. (1842.) A. a. O., I, S. 74. Ganz verborgen im Wald kenn' ich ein Plätzchen, da stehet Eine Buche, man sieht schöner im Bilde sie nicht. Rein und glatt, in gediegenem Wuchs erhebt sie sich einzeln, Keiner der Nachbarn rührt ihr an den seidenen Schmuck. Rings, soweit sein Gezweig der stattliche Baum ausbreitet, Grünet der Rasen, das Aug' still zu erquicken, umher; Gleich nach allen Seiten umzirkt er den Stamm in der Mitte; Kunstlos schuf die Natur selber dies liebliche Rund. Zartes Gebüsch umkränzet es erst; hochstämmige Bäume, Folgend in dichtem Gedräng', wehren dem himmlischen Blau. Neben der dunkleren Fülle des Eichbaums wieget die Birke Ihr jungfräuliches Haupt schüchtern im goldenen Licht. Nur wo, verdeckt vom Felsen, der Fußsteig jäh sich hinabschlingt, Lässet die Hellung mich ahnen das offene Feld. Als ich unlängst einsam, von neuen Gestalten des Sommers Ab dem Pfade gelockt, dort im Gebüsch mich verlor, Führt' ein freundlicher Geist, des Hains austauschende Gottheit, Hier mich zum erstenmal plötzlich, den Staunenden, ein. Welch Entzücken! Es war um die hohe Stunde des Mittags, Lautlos alles, es schwieg selber der Vogel im Laub. Und ich zauderte noch auf den zierlichen Teppich zu treten; Festlich empfing er den Fuß, leise beschritt ich ihn nur. Jetzo gelehnt an den Stamm (er trägt sein breites Gewölbe Nicht zu hoch), ließ ich rundum die Augen ergehn, Wo den beschatteten Kreis die feurig strahlende Sonne, Fast gleich messend umher, säumte mit blendendem Rand. Aber ich stand und rührte mich nicht; dämonischer Stille, Unergründlicher Ruh' lauschte mein innerer Sinn. Eingeschlossen mit dir in diesem sonnigen Zauber- Gürtel, o Einsamkeit, fühlt' ich und dachte nur dich!

4. Deutsche Dichtung in der Neuzeit - S. 378

1916 - Trier : Lintz
378 Lieblichen Golf hindeutet und gegen Salerns Meerbusen. Aber die andere Stelle (sie nennen den kleineren Strand sie) Kehrt sich gegen das ödere Meer, in die wogende Wildnis, Wo kein Ufer du siehst als das, auf welchem du selbst stehst. 10 Nur ein geringeres Boot mag hier anlanden, es liegen Felsige Trümmer umher, und es braust die beständige Brandung. Auf dem erhöhteren Fels erscheint ein zerfallenes Vorwerk, Mit Schießscharten versehn; sei's, daß hier immer ein Wachtturm Ragte, den offenen Strand vor Algiers Flagge zu hüten, 15 Die von dem Eiland oft Jungfrauen und Jünglinge wegstahl; Sei's, daß gegen den Stolz Englands und erfahrene Seekunst Erst in der jüngeren Zeit es erbaut der Napoleonide '), Dem Parthenope^) sonst ausspannte die Pferde des Wagens, Ihn dann aber verjagte, verriet, ja tötete, seit er 20 Ans treulose Gestad' durch schmeichelnde Briefe gelockt ward. Steigst du herab in den sandigen Kies, so gewahrst du ein Felsstück Niedrig und platt in die Wogen hinaus Trotz bieten der Brandung. Dort anlehnt sich mit rundlichem Dach die bescheidene Wohnung Dürftiger Fischer; es ist die entlegenste Hütte der Insel, 25 Bloß durch riesige Steine beschützt vor stürmischem Andrang, Der oft über den Sand wegspült und die Schwelle benetzt ihr. Kaum hegt irgend umher einfachere Menschen die Erde; Ja, kaum hegt sie sie noch, es ernährt sie die schäumende Woge. Nicht die Gefilde der Insel bewohnt dies arme Geschlecht, nie 30 Pflückt es des Ölbaums Frucht, nie schlummert es unter dem Palmbaum. Nur die verwilderte Myrte noch blüht und der wuchernde Kaktus Aus unwirtlichem Stein, nur wenige Blumen und Meergras; Eher verwandt ist hier dem gewaltigen Schaumelemente Als der beackerten Scholle der Mensch und dem üppigen Saatfeld. 35 Gleiches Geschäft erbt stets von dem heutigen Tage der nächste, Immer das Netz auswerfen, es einziehn, wieder es trocknen Über dem sonnigen Kies, dann wieder es werfen und einziehn. Hier hat frühe der Knabe versucht in der Welle zu plätschern, Frühe das Steuer zu drehen gelernt und die Ruder zu schlagen, 40 Hat als Kind mutwillig gestreichelt den rollenden Delphin, Der, durch Töne gelockt, an die Barke heran sich wälzte. Mög' euch Segen verleihen ein Gott samt jeglichem Tagwerk, Friedliche Menschen, so nah der Natur und dem Spiegel des Weltalls! Möge, da größeren Wunsch euch nie die Begierde gelispelt, 45 Möge der Thunfisch oft, euch Beute zu sein. und der Schwertfisch Hier anschwimmen! Es liebt sie der Esser im reichen Neapel. Glückliche Fischer! Wie auch Kriegsstürme verwandelt den Erdkreis, Freie zu Sklaven gestempelt und Reiche zu Dürftigen, ihr nur Saht hier Spanier, saht hier Briten und Gallier herrschen, 50 Ruhig und fern dem Getöse der Welt, an den Grenzen der Menschheit -) Murat st 1814. — 2) Neapel. (Eigentlich Name der ältesten Ansiedlung an der Stelle des heutigen Neapels.)

5. Deutsche Dichtung in der Neuzeit - S. 465

1916 - Trier : Lintz
465 — 2. Er blieb zurück am Weggelände, Das Wort auf den Lippen, er sprach's nicht zu Ende; Ein wunderbarlich Gebühren, und doch Scheint deins verwunderlicher noch. 3. Ganz ruhig gehst des Weges du Weiler, Hast schnell einen andern vergnügten Begleiter, Und fröhlich wieder zieht ihr drein Durch Wälder und Wiesen und Sonnenschein. 4. So geht's eine Weile, das seltsame Wandern; Dann kommt es an dick, dann hörst du die andern Noch weiter lachen ins sonnige Land, Und du bleibst einsam am Wegesrand. 3. Gebet. A. a. O., S. 317. Die Stirn des Himmels umwölkt sich finster Mit drohendem Zornrand; Vom Felshang lodert wie Flammen der Ginster, Da steh' ich am Kornrand: Noch lauschen die Ähren in hanchloser Schwüle, 5 Doch Schleier umtrüben Das Blenden der Sonne; anatmende Kühle Kommt leise von drüben. Ein dumpfes Gemurre jetzt dort in den schlanken, Hochragenden Wipfeln der Tannen, ein Schwanken, 10 Ein mächtig Umdnnkeln, Durchzuckt von gewitterndem, zitterndem Funkeln. Weißwallende Nebel beginnen zu jagen, Es dröhnen vom Turme Hilfrufende Glocken; geschleudert vom Sturme l5 Hernieder nun schlagen Dumpffallende Tropfen, sich festend zu harteu, Schwerwucht'gen Geschossen ■— Beschirm' uns vor Schloßen, Breit schützend die Hand über Kornfeld und Garten, 20 Behüte die blühende, reifende Flur, Dein freudiges Leben, Das du ihr gegeben, O Mutter Natur! Klaus Groth. Klaus Groth, geboren am 24. April 1819 zu Heide in Dithmarschen, wurde zuerst Lehrer in seinem Geburtsort, zog sich infolge von Krankheit 1847—1853 auf die Insel Fehmarn zurück, wo er seinen „Quickborn" schuf, unternahm dann längere Reisen, besonders nach Bonn und Dresden, wurde in Buschmann, Leseb. f. d. ob. Kl. Ii. 10. Anst. 30

6. Deutsche Dichtung in der Neuzeit - S. 505

1916 - Trier : Lintz
505 3. Meine Gräber. 2t. a. O., S. 44. 1. Kein Erbbegräbnis mich stolz erfreut; Meine Gräber liegen weit zerstreut, Weit zerstreut über Stadt und Land, Aber all in märkischem Sand. 2. Verfallene Hügel, die Schwalben ziehn, Vorüber schlängelt sich der Rhin, Über weiße Steine, zerbröckelt all, Blickt der alte Ruppiner Wall. Die Buchen stehn, die Eichen rauschen, Die Gräberbüsche Zwiesprach' tauschen, Und Haferselder weit auf und ab ■— Da ist meiner Mutter Grab. 3. Und ein andrer Platz, dem verbunden ich bin Berglehnen, die Oder fließt dran hin, Zieht vorüber in trägem Lauf, Gelbe Mummeln Z schwimmen darauf. Am Ufer Werft und Schilf und Rohr, Und am Abhange schimmern Kreuze hervor, Auf eines fällt heller Sonnenschein — Da hat mein Vater seinen Stein. 4. Der Dritte, seines Todes froh, Liegt auf dem weiten Teltowplateau, Dächer von Ziegel, Dächer von Schiefer, Dann und wann eine Krüppelkiefer, Ein stiller Graben die Wasserscheide, Birken hier, und da eine Weide, Zuletzt eine Pappel am Horizont, Im Äbendstrahle sie sich sonnt. Auf den Gräbern Blumen und Aschenkrügc, Vorüber in Ferne rasseln die Züge, Still bleibt das Grab und der Schläfer drin — Der Wind, der Wind geht drüber hin. 4. Mittag. A. a. O., S. 12. 1. Am Waldessäume träumt die Föhre, Am Himmel weiße Wölkchen nur; Es ist so still, daß ich sie höre, Die tiefe Stille der Natur. 2. Rings Sonnenschein auf Wies' und Wegen, Die Wipfel stumm, kein Lüftchen wach, Und doch, es klingt, als ström' ein Regen Leistönend auf das Blätterdach. 0 Gelbe Teichrose (Nuphar luteum); vgl. „Mummelsee".

7. Deutsche Dichtung in der Neuzeit - S. 536

1916 - Trier : Lintz
536 4. Aus „Phantasus". Berlin (Sassenbach), 1888, Heft I1). Zwischen Gräben und grauen Hecken, den Rockkragen hoch, die Hände in den Taschen, schlendre ich durch den frühen Märzmorgen. Falbes Gras, blinkende Lachen und schwarzes Brachland, soweit ich sehn kann. Dazwischen, mitten in den weißen Horizont hinein, wie erstarrt, eine Weidenreihe. Ich bleibe stehn. Nirgends ein Laut. Noch nirgends Leben. Nur die Luft und die Landschaft. Und sonnenlos, wie den Himmel, fühl' ich mein Herz! Plötzlich ein Klang. Ein zarter, zitternder Jubel, der, langsam, immer höher steigt! Ich suche in den Wolken. Über mir, schmetternd, durch immer heller strömendes Licht, Die erste Lerche! Schönes, grünes, weiches Gras. Drin liege ich Mitten unter Butterblumen! Über mir, warm, der Himmel: ein weites, zitterndes Weiß, das mir die Augen langsam, ganz langsam schließt. Wehende Luft ... ein zartes Summen. Nun bin ich fern von jeder Welt, ein sanftes Rot erfüllt mich ganz, und deutlich spüre ich, wie die Sonne mir durchs Blut rinnt — minutenlang. *) *) Die Textänderungen beruhen auf schriftlichen Mitteilungen des Dichters.

8. Deutsche Prosa - S. 174

1900 - Gera : Hofmann
174 Jacob Burckhardt. vorhanden ist, hat der Fries seine Triglyphen und Metopen, nur niedriger als am Außenbau. Das Innere des Heiligtums erhielt einst sein Licht durch eine große Dachöffnung, ohne welche die fensterlosen griechischen Tempel durchaus dunkel gewesen wären. An den bedeutenderen Tempeln wurde gleichsam als Einfassung und Stütze dieses offenen Daches eine innere Säulenordnung angebracht und zwar eine doppelte, weil einfache dorische Säulen allzu groß und dick Hütten gebildet werden müssen im Verhält- nis zu dem so beschränkten Raum. Die Bauten der höchsten Blütezeit scheinen meist eine untere dorische und eine obere ionische Ordnung ge- habt zu haben, zu deutlicher Scheidung der in einander überleitenden Kräfte. Hier dagegen ist auch die obere Ordnung dorisch und dabei noch von etwas ungeschickter Bildung, als wäre die kleine obere Säule unmittelbar die durchs Zwischengesims hindurchgehende Fortsetzung der größeren unteren; überdies wirkt der breit auseinandergehende Echinus der kleinen Säule nicht gut. Nur in dürftigen Andeutungen haben wir das, was die Seele dieses wunderbaren Baues ausmacht, bezeichnen können. Obwohl eines von den besterhaltenen Denkmälern seiner Art, verlangt er doch ein beständiges geistiges Restaurieren und Nachfühlen dessen, was fehlt, und dessen, was nur für die aufmerksamste Pietät noch sichtbar ist. Wie ganz anders würde er auch zum äußeren Auge sprechen, wenn er noch mit allen Skulpturen seiner Giebel und Metopen, mit den Dachzierden (Akroterien) von Laubwerk und Statuen, mit den Löwen- köpfen des oberen Teils des Kranzgesimses, mit dem jetzt so fraglichen Farbenschmnck, innen aber mit dem Bild Poseidons und den Weih- geschenken geretteter Seefahrer geschmückt wäre! Unsere Vorstellung vom Kunstvermögen der Griechen steigert er aber schon in seinem jetzigen Zustande auf das höchste. Vielleicht blickt ein scharfes Auge die einzelnen Seiten im Profil entlang und findet, daß keine einzige mathematisch gerade Linie an dem ganzen Bau ist. Man wird zunächst an ungeschickte Vermessung, an die Wirkung der Erdbeben und anderes der Art denken. Allein wer z. B. sich der rechten Ecke der Vorderseite gegenüberstellt, so daß er das obere Kranzgesimse der Langseite verkürzt sieht, wird eine Aus- beugung desselben von mehreren Zollen entdecken, die nur mit Ab- sicht hervorgebracht sein kann. Und ähnliches findet sich weiter. Es sind Äußerungen desselben Gefühls, welches die Anschwellung der Säule verlangte und auch in scheinbar mathematischen Formen überall einen Pulsschlag inneren Lebens zu offenbaren suchte?) *) *) Folgt die Beschreibung der beiden anderen Tempel von Pästum.

9. Deutsche Prosa - S. 287

1900 - Gera : Hofmann
Die Insel Capri. 287 schiefen Ebene. Blickt man auf diesen malerischen Ort, auf diese selt- same sonnverbrannte Felsenöde über ihm, in die grenzenlose Stille des blauen Meers in allen Fernen, so möchte man hier den Wanderstab in die Erde stecken und der Welt Lebewohl sagend seine Eremiten- zelle bauen. Hier ist es noch stiller als in Capri. Man sieht nur Menschen, welche singend arbeiten, vor der Thüre am Webstuhl sitzen oder die Spindel mit der gelben Seide drehen, oder im Garten graben und die Maulbeerblätter für den Seidenwurm abpflücken, oder solche, die mit dem Wasserkrug auf dem Kopf daherkommen. Weil die Männer draußen sind und, da es Sommer ist, viele Jünglinge auf den Korallen- fang nach Afrika oder Corsica gezogen sind, sieht man hier fast nur Frauen. Es scheint, wir seien zu den Weibern von Lemnos gekommen, welche männerlos auf ihrem Felsen sitzen, endlose Gewebe webend. An den Tagen und Stunden, wo die Barken von Neapel heimkommen, fand ich bisweilen über der Stiege eine Schar Mädchen sitzen, oft mehr als dreißig, viele von seltner Schönheit. Plaudernd saßen sie um die Felsen und spähten den nahenden Segeln entgegen, um dann an den Strand hinabzusteigen. Ich setzte mich unter sie und blickte nicht minder sehnsüchtig über den Golf auf das weiße Schiff, ob es mir einen Brief in diese Einsamkeit herüberbrächte. Fast alle hatten sie einen Strauß in der Hand oder einen Zweig Basilicum, durch die Blume zu bitten; Antoniella aber hielt den prächtigsten Strauß vor sich von Basilicum, Nelken, purpurroten Rosen und Myrten, mit einem bunten Band kunstvoll in Schleifen zugebunden. Dieser Strauß wurde das Sinn- bild unserer Freundschaft und der Schlüsfel zu dem reizendsten Weber- hänschen in Ana-Capri, wo ich manche Stunde mit den naivsten Natur- kindern verbracht habe. Antoniella webte in einer Gartenkammer, ganz im Grün unter Weinlanb und blühenden Oleandern, und sie war flink und geschickt wie die Spinnerin Arachne; ihre älteste Schwester webte neben ihr weißes Baumwollenband, sie aber buntgemustertes. Sie verstand nicht auf der Maultrommel zu spielen, aber desto geübter schlug sie die Handpauke. Ihre Brüder waren draußen auf dem Meer. Der Fleiß dieser Mädchen, die alle mit der Weberei beschäftigt sind, ist erstaunlich, denn schon mit Sonnenaufgang setzen sie sich an den Webstnhl, und mit wenig Unterbrechung weben sie bis zum Sonnen- untergang, und so das ganze Jahr hindurch. Freilich sind sie nicht g zu jenem Lasttragen verdammt, wie ihre Schwestern in Capri; nur wenn das Regenwasser in den Cisternen ausgeht, müssen sie die Treppe hinuntersteigen und in Krügen das Wasser von Capri holen, wo vier dürftige Quellen fließen. Goldnes Geschmeide und Korallenschmuck,

10. Deutsche Prosa - S. 13

1900 - Gera : Hofmann
Jur Geschichte. . . . Das ist der Weg, es ist einer der Wege, das dürftige und einsame Hier und Jetzt unseres ephemeren Daseins unermeßlich zu erweitern, zu bereichern, zu steigern. . . . Die Geschichte giebt uns das Bewußtsein dessen, was wir sind und haben............Das in der Ge- schichte der Zeiten und Völker, der Menschheit Erarbeitete im Geist, dem Gedanken nach, als Continuität durch- arbeitet und durchlebt haben, heißt Bildung. I. G. Droysen, Grundriß der Historik.
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